Ausgangspunkt ist die menschliche Stimme: teils solistisch, aber auch erweitert durch Flöte, Violine sowie Elektronik zeigt das Programm ein breites Spektrum von Arbeiten, die sich diesem Phänomen annehmen. In Beat Furrers Komposition "auf tönernen füssen" treffen sich Sprache und Instrument im Atmen, in geräuschhaften Plosivlauten und melodischen Floskeln, verschränken sich ineinander und werden bisweilen kaum unterscheidbar. Hannes Kerschbaumer lässt die menschliche Stimme und die Flöte zu einer pulsierenden Lunge verschmelzen. Er versteht "hauch.asche" als Studie über das Entschwinden. In Peter Jakobers "in/visibile" steht die Person Elsa aus Richard Wagners und Salvatore Sciarrinos "Lohengrin" im Mittelpunkt. Die fragile Position Elsas erfährt im klanglichen Geschehen ihre Entsprechung. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt mit geflüsterten Wortbrocken, die in kargen Äußerungen kulminieren. Reinhold Schinwalds Komposition "membra disiecta" basiert auf den Mythen um Isis und Osiris und beschreibt einen Prozess des Erinnerns, Suchens, Auflesens und Benennens von Körperfragmenten mit der Funktion, die zerstreut vorgestellten Gliedmaßen in einem Text zu versammeln, der sie als neue Einheit beschreibt. Schließlich zeigt eine Auswahl der mittlerweile zu Klassikern gewordenen "Rècitations" von Georges Aperghis maschinenhaftes, monologisierendes Sprechen in seiner unmittelbarsten Form.
www.burolunaire.com/voice-plus
Konzept: büro lunaire
Stimme, Text: Gina Mattiello
Live-Elektronik, Klangregie: Reinhold Schinwald
Violine: Annelie Gahl
Kontrabassklarinette: Walter Seebacher
Flöten: Maruta Staravoitava
Eine Produktion von büro lunaire in Kooperation mit Künstlerhaus Vereinigung.
PROGRAMM:
Charlotte Seither
the long distance from zero to one (2010)
für Stimme
Beat Furrer
auf tönernen füssen (2001)
nach einem Text von Friedericke Mayröcker
für Stimme und Flöte
Salvatore Sciarrino
Sei Capricci: No. 2. Andante (1976)
für Violine
Hannes Kerschbaumer
hauch.asche (2017)
für Stimme, Bassflöte und Live-Elektronik
Reinhold Schinwald
membra disiecta (2017/2019)
nach einem Text von Gina Mattiello
für Stimme, Kontrabassklarinette und Live-Elektronik
Georges Aperghis
I.X. (2002)
für Violine
Georges Aperghis
Récitations – No.9 (1977)
für Stimme
Peter Jakober
in/visibile (2011)
nach einem Text von Wolfgang Hofer
für Stimme, Violine, Live-Elektronik und Orgelpfeifen
Weitere Informationen:
büro lunaire
Verein zur Förderung von Musik und darstellender Kunst
"to find a form that accommodates the mess" (Samuel Beckett)
büro lunaire sucht und entwickelt neue Formen zeitgenössischen Musikschaffens. Aus der Notwendigkeit auf gegenwärtige Produktions- und Rezeptionsbedingungen zu re-agieren und etwas "Eigenständig-widerständiges" zu setzen, erarbeitet büro lunaire unterschiedliche Formate, die einen erweiterten Kompositionsbegriff zur Grundlage haben : inszeniertes Konzert, composed theatre, szenische Installation, musikalische Intervention, Live-Hörspiel, um einige zu nennen. In Zusammenarbeit mit Komponistinnen und Komponisten entstehen nicht nur Uraufführungen, sondern auch Wiederaufführungen, die in die jeweiligen Kontexte eingebunden werden. büro lunaire richtet seinen Fokus vor allem auf Projekte, die durch die Wahl des Aufführungsortes gewohnte Wahrnehmungsbedingungen von Kunst herausfordern und zusätzliche Diskursebenen sichtbar machen. Polyphonie als Abbild von Gesellschaft : In der Verbindung von Musik, Theater und bildender Kunst ermöglichen diese Formate die Durchmischung unterschiedlicher Publikumsgruppen. büro lunaire entstand aus der langjährigen Zusammenarbeit einer Schauspielerin und eines Komponisten und dient als Katalysator für kollaborative Produktionsprozesse.
büro lunaire wird gefördert vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, von der Stadt Wien Kultur, der OESTIG - Oesterreichische Interpretengesell¬schaft sowie vom SKE-Fonds.