Kuratiert von Pérez Gil und Henriette Leinfellner
Wenn wir Collage als eine bloße Technik bezeichnen, liegen wir falsch. Collage als künstlerische Ausdrucksform setzt ein Nebeneinander von Signifikanten – Bedeutungsträgern – voraus, eine semiotische Kollision. Das geschieht schon vor dem Vorgang des Anklebens. Es handelt sich also in erster Linie um eine mentale Operation, einen Eingriff in die Sprache und in der Sprache, sei es die visuelle oder linguistische. Die mentalen Prozesse haben bereits zusammengeklebt, was die Hand schließlich kleben wird. Die „Operation Collage“ beginnt also, wie alle Abenteuer, im Kopf: Die Welt wird einem Eingriff unterzogen – satirisch, poetisch, politisch, formal, in jedem Fall aber subversiv.
In den GEDANKEN EINER AMAZONE, einer Serie von Wilfried Gerstel, wird die Superheldin Wonder Woman Bildzitaten aus diversen historischen Gemälden gegenübergestellt. Die Begegnung dieser beiden Bilderwelten eröffnet neue Interpretationsmöglichkeiten für die zitierten Werke wie auch für die Rolle der Comic-Heldin als Frau in der Gesellschaft.
Die Stadt als Collage ist das Leitmotiv der Arbeiten, die Brigitta Höpler präsentiert. Ausgeschnittene Bilder, eigene Fotografien und Zeitungsschlagzeilen oder Textfragmente werden in einem Spiegelspiel kombiniert – das Visuelle der Sprache und die Sprache des Visuellen. Es geht, so Höpler, um eine „Poetologie“ der Alltagsbeobachtung.
Henriette Leinfellners Werk PALIMSEST, bei dem das Licht die verschiedenen Schichten der Collage transparent macht, lässt sich als stratigrafische Topografie beschreiben; der Titel wird hier zum Programm.
Die Serie kleinformatiger Collagen und die SERIE E – Collagen und Druckgrafiken – von Henriette Leinfellner und Javier Pérez Gil, die als Divertimento begonnen wurden, kristallisierten sich im Lauf der Zeit zu gemeinsamen Projekten, die zwei Hauptprämissen folgten: Austausch und Experiment; und einer einzigen Regel: Keine Regeln.
Wie in einem anatomischen Theater seziert Javier Pérez Gil in der Serie SUMMA – einem transversalen und anachronistischen Kompendium – verschiedene Charaktere, Themen und Profile, die für Kunst, Kultur oder den wissenschaftlich-technologischen Apparat repräsentativ sind. In YURI GAGARIN folgt er auf poetische Weise den Lebensspuren des berühmten sowjetischen Kosmonauten und seiner merkwürdigen Reisegefährten: des Konstrukteurs Rodtschenko, der Muse Brik und des Futuristen Majakowski.
Herbert Starek nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise in die Gedankenwelt von Amadeus Cavori. Der in Lugano ansässige Universalgelehrte, ein unermüdlicher Jäger literarischer Zitate, hat die ganze Welt bereist, ohne seine Heimat zu verlassen; und wie ein zeitgenössischer Marco Polo hat er Dinge erlebt und gesehen, die wir kaum glauben können.
Robert Svoboda konfrontiert uns in seinen Assemblagen – Miniaturinstallationen und Stillleben – durch humorvolle Einblicke mit todernsten Themen. Probleme, Katastrophen, soziale, kulturelle und politische Fragen, aktuelle oder vergangene, alles wird in einer Zigarrenkiste oder auf einem kleinen Altar inszeniert.
KÜNSTLER*INNEN
Wilfried Gerstel, Brigitta Höpler, Henriette Leinfellner, Javier Pérez Gil, Herbert Starek, Robert Svoboda